Freie Berufe: Wer kann selbstständiger Freiberufler werden?

Sich selbstständig zu machen kann auf ganz vielfältige Art passieren: Es gibt Gewerbe, Gesellschaften, Soloselbständige, exotischere Formate wie digitale Nomaden (digital nomads) und virtuelle Assistenten (VAs) und schließlich Freiberufe. Doch was macht einen Freiberuf interessant?

Freiberufler blicken entschlossen in die Zukunft: Geht es um die Zukunftsaussichten, schätzen Freiberufler diese optimistisch ein. Das fällt auch mit der aktuell guten Auslastung zusammen. Dies ergab die „Konjunkturumfrage Sommer 2019“ des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB) in Berlin.

Trotz Digitalboom: Gründerwüste Deutschland?

Gründerwüste Deutschland – so hatte Die Zeit die Situation in Deutschland einmal beschrieben und liegt damit gar nicht falsch, denn in Deutschland herrscht eine eher gründerfeindliche Unternehmenskultur vor. Unternehmen haben bereits bei deutschen Lehrern keinen guten Ruf: Rund zwei Drittel (64 Prozent) würden nach einer Studie von Bitkom Research und dem Meinungsforschungsinstitut Aris ihren Schülern davon abraten, nach ihrer Ausbildung ein Unternehmen zu gründen. Gerade einmal jeder vierte Lehrer (24 Prozent) würde eine Gründung empfehlen. Besonders die Verkopplung von Unternehmertum und Digitalisierung scheint hier auf Ablehnung zu stoßen.

Ähnlich sieht es in der deutschen Politik aus:

Wenn selbst unsere Bundesminister keinen Sinn darin zu erkennen scheinen, worin liegt also der Nutzen einer Existenzgründung? Natürlich sollte diese Einstellung auch nicht überraschen, denn in Bildungseinrichtungen sollen nach Vorgaben keine Unternehmer herangezogen werden sondern abhängig Beschäftigte und Lohnarbeiter. Das ist auch nicht negativ zu sehen, sondern eher als typische Einschränkung, welcher die deutsche Bildungslandschaft unterworfen ist.

Ebenso werden Lehrer nicht zu Gründercoaches erzogen. Normalerweise macht ein künftiger Lehrer Abitur oder einen vergleichbaren Abschluss, studiert und geht dann zurück an die Schule. Kein Lehrer hat nach diesem System je ein Unternehmen von innen gesehen, geschweige denn eines gegründet. Wie sollen Laien hier helfen können? Es bräuchte eigene Fachkräfte an den Schulen bzw. in der Politik, die Ansprechpartner für diese Themen sind.

Zahl der Freiberufler steigt

Das IfM-Bonn hatte Daten des Statistischen Bundesamts ausgewertet: Während Existenzgründungen in Deutschland  aufgrund der Arbeitsmarktsituation zwar leicht rückläufig waren, haben sich gegensätzliche Entwicklungen im gewerblichen und im freiberuflichen Bereich ergeben.

Insgesamt gab es 2016 rund 88.800 Gründungen im freiberuflichen Sektor. Im Jahr 2018 waren es 90.400 Gründungen – also 1.600 mehr als zwei Jahre zuvor.

Obwohl die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland rückläufig ist, stieg die Anzahl an freiberuflichen Gründungen in Deutschland 2016 um 6,6 %. Die Gründungen im gewerblichen Bereich waren zur gleichen rückläufig mit -5,4 % im Vergleich zum Vorjahr.

Bezogen auf alle Bundesländer gingen bis auf Nordrhein-Westfalen und Thüringen die Gründungen zurück. Selbstständige Freiberuflichkeit hingegen ist fast überall gestiegen. Lediglich in Bremen und im Saarland gingen die Gründungen leicht zurück. Im deutschlandweiten Gesamtvergleich für 2018 lagen Nordrhein-Westfalen und Bayern bei totalen Pro-Kopf-Gründungen am weitesten vorn. Schlusslichter bildeten Bremen und das Saarland.

Mehr Menschen gründen sich inzwischen als Freiberufler denn als Gewerbetreibender. Worin liegt also die Attraktivität von Freiberufen?

Was sind freie Berufe?

Laut dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz haben Freiberufler:

„[…] im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche, und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“

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Da diese Definition sehr allgemein ist, gibt es drei Möglichkeiten zu konkretisieren, was als freier Beruf zählt. Mehr Informationen dazu finden Sie auch hier in der PDF-Broschüre des Bundeswirtschaftsministeriums.

Kategorien für freie Berufe

WICHTIG: Schlussendlich hat immer das Finanzamt das Sagen und entscheidet, wer als freiberuflich oder als gewerbetreibend einzustufen ist.

Sowohl Finanzamt als auch Betriebsprüfer stützen sich bei ihren Entscheidungen auf das Einkommenssteuergesetz. Dieses weist Freiberufler in drei Tätigkeitsgruppen ein:

  • Katalogberufe,
  • den Katalogberufen ähnliche Berufe und
  • Tätigkeitsberufe.

1. Katalogberufe

Die klassischen freien Berufe wurden zuerst im Einkommensteuergesetz katalogisiert gelistet – daher auch der Name. Dazu zählen:

  • Heilberufe (Ärzte, Therapeuten, Heilpraktiker)
  • recht-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe (Notare, Anwälte, etc.)
  • naturwissenschaftliche und technische Berufe (Ingenieure, Chemiker, Architekten, etc.)
  • informationsvermittelnde und sprachliche Berufe (Journalisten, Berichterstatter, Übersetzer, etc.)
  • die vier selbstständig ausgeübten Berufe: Diplom-Psychologe, Heilmasseur, Hebamme, hauptberuflicher Sachverständiger

2. Tätigkeitsberufe

Zuzüglich den Katalogberufen sind die Tätigkeitsberufe weitere freie Berufe, die aber häufig interpretiert werden können. Hier müssen Sie dem Finanzamt glaubhaft vermitteln, dass Sie freiberuflich agieren, wenn Sie hier reinfallen:

  • wissenschaftlich (Erstellung von Gutachten, Prüfungs-/Lehrtätigkeiten, methodisch nach objektiven und sachlichen Gesichtspunkten handelnd)
  • künstlerisch (eigene schöpferische Leistung)
  • schriftstellerisch (eigene Texte für die Öffentlichkeit verfassen, auch Werbetexter, Übersetzer)
  • unterrichtend (auch ohne amtliche Qualifikation, Sport- oder Gymnastikunterricht; Unterrichtender muss fachliche Kenntnisse haben)

3. Ähnliche Berufe

Die folgende Liste enthält eine Aufzählung von den Katalogberufen ähnlichen Berufen und vielen Tätigkeitsberufen – vollständig ist sie nicht. Wenn Sie Ihren Beruf dort nicht finden: Wir geben Ihnen Auskunft.

  • Altenpfleger/-in
    Ambulante/-r Krankenpfleger/-in
    Audio-Psycho-Phonologe
  • B
    Bademeister/-in (medizinische/-r)
    Bauleiter/-in
    Bauschätzer/-in (Schadenschätzer/-in)
    Baustatiker/-in
    Bergführer/-in
    Beschäftigungs- und Ausdruckstherapeut/-in
    Bildhauer/-in
    Blutgruppengutachter/-in
  • C
    Conférencier, Show- und Quizmaster/-in
  • D
    Designer/-in
    Diätassistent/-in
    Dirigent/-in
  • E
    EDV-Berater/-in
    Elektrotechniker/-in
    Erfinder/-in
    Ergotherapeut/-in
    Erzieher/-in
    Erzprobennehmer/-in
  • F
    Fahrschulinhaber/-in
    Fernsehansager/-in
    Filmhersteller/-in
    Fleischbeschauer/-in
    Fotodesigner/-in
    Fotograf/-in
    Frachtenprüfer/-in
  • G
    Grafiker/-in
    Güterbesichtiger/-in oder Güterkontrolleur/-in
  • H
    Havariesachverständige/-r
    Hebamme
    Entbindungspfleger/-in
    Heilmasseur/-in
    Hochbautechniker/-in als Bauleiter/-in
  • I
    Industriedesigner/-in
    Informatiker/-in (Diplom-)
    Informationsfahrtbegleiter/-in
    Insolvenzverwalter/-in
  • J
    Juristischer Informationsdienst
  • K
    Kameramann/-frau
    Kartograf/-in
    Kfz-Sachverständige/-r
    Kinderheimbetreiber/-in
    Klinische/-r Chemiker/-in
    Kompasskompensierer/-in auf Seeschiffen
    Konstrukteur/-in
    Krankenpfleger/-in
    Krankenschwester
    Künstler/-in
    Kunstsachverständige/-r
  • L
    Layouter/-in
    Lehrer/-in
    Lexikograf/-in
    Logopäde/-in
  • M
    Magier/-in
    Maler/-in (Kunstmaler/-in)
    Marketingberater/-in
    Marktforscher/-in
    Markscheider/-in (Vermessung im Bergbau)
    Maschinenbautechniker/-in
    Masseur/-in
    Medizinisch-technische/-r Assistent/-in (MTA)
    Modeschöpfer/-in (beratende/-r)
    Musiker/-in
  • N
    Netzplantechniker/-in
  • O
    Orthoptist/-in
  • P
    Patentberichterstatter/-in
    Physiotherapeut/-in
    Planer/-in von Großküchen
    Podologe (med. Fußpfleger/-in)
    Prozessagent/-in
    Psychoanalytiker/-in
    Psychologe/-in
    Psychotherapeut/-in, auch Kinder- und
    Jugendlichenpsychotherapie
  • R
    Rätselhersteller/-in
    Raumgestalter/-in
    Rechtsbeistand
    Reitlehrer/-in
    Rentenberater/-in
    Restaurator/-in
    Rettungsassistent/-in
    Rundfunksprecher/-in
  • S
    Sachverständige/-r
    Schauspieler/-in
    Schriftsteller/-in
    Sicherheitsberater/-in
    Sportlehrer/-in
    Steinmetz/-in
    Synchronsprecher/-in
    Systemanalytiker/-in
  • T
    Tanzlehrer/-in
    Tanz- und Unterhaltungsmusiker/-in
    Terminologe/-in
    Textilentwerfer/-in
    Tonkünstler/-in
    Tontechniker/-in
    Trainer/-in
    Trauerredner/-in
    Treuhänder/-in
  • U
    Unternehmensberater/-in
  • V
    Versicherungs- und Wirtschaftsmathematiker/-in
    Visagist/-in
  • W
    Werbeschriftsteller/-in
    Werbetexter/-in
    Wirtschaftsberater/-in
    Wissenschaftler/-in
  • Z
    Zahnpraktiker/-in
    Zauberer bzw. Zauberkünstler/-in

Quelle: hier

Vorteile einer Freiberuflichkeit

Nicht jeder kann oder darf freiberuflich tätig werden. Als Freiberufler haben Sie aber einige Vorteile – vor allem ein geringerer Aufwand bzgl. Verwaltung, Steuer und dem üblichen Papierkrieg, konkret:

  • keine Gewerbeanmeldung nötig
  • deswegen auch: keine Gewerbesteuer nötig
  • keine doppelte Buchführung, eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) reicht aus
  • keine Zwangsmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer (IHK), daher auch kein Mitgliedsbeitrag

Bonus: Mit Künstlersozialkasse (KSK) als Freiberufler bei Krankenversicherung sparen

Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und die vom Gesetzgeber mit der Umsetzung dieses Gesetzes beauftragte Künstlersozialkasse (KSK) sorgen dafür, dass selbständige Künstler und Publizisten einen ähnlichen Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung genießen wie Arbeitnehme

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Nachteile einer Freiberuflichkeit

Doch nicht nur Vorteile sondern auch einige Beschränkungen ergeben sich durch eine Freiberuflichkeit:

  • keine Produkte oder Waren herstellen sowie verkaufen
  • keine Vermittlungstätigkeiten durchführen

Hierdurch ergeben sich einige Einschränkungen – und als Freiberufler müssen Sie bei jedem neuen Projekt darauf achten, ob Sie noch mit Ihrem unternehmerischen Schaffen freiberuflich oder bereits gewerblich tätig sind – Sie können aber jederzeit nachträglich eine Gewerbeanmeldung tätigen.

Fazit: Existenzgründung als Freiberufler

Zunächst ist es egal ob Sie sich als Freiberufler, Gewerbetreibender o.Ä. selbstständig machen. Jeder in Deutschland darf sich selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen. Das größte Kriterium dürfte hier eher noch die Finanzierung darstellen. Auch ohne Eigenkapital selbstständig machen ist möglich und in unserer Fördermitteldatenbank finden Sie vielfältige Formen, wie Bund oder Land Sie dabei unterstützen können.

Am Wichtigsten ist allerdings eine gute Zusammenarbeit mit Partnern, denen Sie vertrauen. Der Weg zur Unternehmensgründung in Deutschland ist nach wie vor mit Steinen gepflastert und nicht immer für alle nachvollziehbar.

Termin für SiM-Beratung und Training vereinbaren

Bei Selbständig in Mitteldeutschland helfen wir Existenzgründern. Wir arbeiten hierfür mit dem Bund der Selbständigen zusammen – dem ältesten Branchenverband für Klein- und Mittelständler, der seit 1891 seinen Mitgliedern hilft.

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